Wie Automatisierung, Marktveränderungen und Globalisierung die US-Autoindustrie geprägt haben

by Silke Mayr
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Trumps Handelsrhetorik konzentriert sich auf verlorene Arbeitsplätze

Donald Trump sprach oft über die Rückkehr von Fabrikjobs, besonders in der Autoindustrie. Er sagte, schlechte Handelsabkommen wie NAFTA hätten viele Arbeitsplätze vernichtet. Bei der Ankündigung neuer Zölle am 2. April erklärte er: „Stahlarbeiter, Automechaniker, Landwirte und Handwerker litten schwer.“ Er beschuldigte ausländische Konkurrenten, amerikanische Werke zerstört und den nationalen Traum zerschlagen zu haben.

Trump versprach, mit einem 25-Prozent-Zoll auf importierte Autos die Preise so zu erhöhen, dass Produktion wieder in den USA lohnt. Dadurch sollen neue Werke entstehen und Arbeitsplätze zurückkehren. Doch der tatsächliche Rückgang der Autoarbeitsplätze hat tiefere Ursachen als nur Handelsabkommen.

Viele Kunden kehrten den „Big Three“ aus Detroit den Rücken, weil deren Fahrzeuge jahrelang Qualitätsprobleme hatten. Viel entscheidender jedoch war die Automatisierung, die die benötigten Arbeitsstunden pro Auto massiv senkte.


Automatisierung spielte eine größere Rolle als Handelsabkommen

Jason Miller, Autoexperte und Professor an der Michigan State University, sieht die Automatisierung als entscheidenden Faktor. „Sie ist der eigentliche Wandel in der Branche“, erklärte er.

Oft wird Mexiko zum Ziel der Kritik, weil der Produktionsumzug mit dem Einsatz von Robotern zusammenfiel. Miller betont, dass diese zeitliche Überschneidung den Eindruck verstärkte, Handelsliberalisierung allein hätte die Jobs gekostet.

Doch Trumps Darstellung ist überzogen. Daten des US-Arbeitsministeriums zeigen, dass 2024 mehr Amerikaner Autos montierten als 1994 beim Start von NAFTA. Laut Branchenanalysen produzierten US-Werke sogar doppelt so viele Fahrzeuge wie Kanada und Mexiko zusammen.


Marktverluste und Automatisierung führten zu Werksschließungen

Obwohl die Zahl der Arbeitsplätze in der Autoindustrie seit 1994 leicht sank, lag das nicht nur am Freihandel. Marktveränderungen und neue Produktionstechniken prägten den Wandel. Die benötigte Zeit für die Fertigung eines Autos sank laut Beraterin Laurie Harbour von 50 auf 18–20 Stunden zwischen 1988 und 2005.

Parallel dazu verloren General Motors, Ford und Chrysler (heute Teil von Stellantis) Marktanteile. Anfang der 1970er verkauften sie über 80 % aller US-Autos. 2007 fiel ihr Anteil erstmals unter 50 %. Heute machen sie zusammen nur noch 38 % des US-Marktes aus.

Patrick Anderson vom Anderson Economic Group sieht die Ursache in Qualitätsmängeln, langweiligen Designs und schwierigen Arbeitsbeziehungen. Diese Probleme führten zu tiefen Wunden – und letztlich zu Insolvenzen bei GM und Chrysler. Trotz besserer Qualität konnten die US-Marken viele frühere Kunden nicht zurückgewinnen.


Ausländische Hersteller produzieren in den USA – aber anders

Während ausländische Marken Marktanteile gewannen, errichteten sie auch Werke in den USA. Diese liegen meist in „Right-to-Work“-Bundesstaaten im Süden und sind nicht gewerkschaftlich organisiert. Eine Ausnahme bildet das Volkswagen-Werk in Chattanooga, das sich vor einem Jahr gewerkschaftlich organisierte.

Asiatische und europäische Marken bauten 2024 rund 4,9 Millionen Fahrzeuge in den USA – etwas mehr als Ford, GM und Stellantis mit 4,6 Millionen. Tesla stellte zusätzlich 648.000 Fahrzeuge her. Trotz Automatisierung und Marktveränderungen arbeiten heute mehr Menschen in der Fahrzeugmontage als vor 30 Jahren.

Anders sieht es bei Autozulieferern aus. Dort ist die Beschäftigung rückläufig. Diese Arbeitsplätze sind entscheidend – etwa doppelt so viele Menschen fertigen Teile wie ganze Fahrzeuge. Viele dieser Jobs wanderten nach Mexiko oder wurden durch Roboter ersetzt. Neue Werke entstanden in den Südstaaten. Während Michigan die Hälfte seiner 220.000 Zulieferjobs verlor, verdoppelte Alabama seine Zahl, so Miller von der Michigan State University.

Mexiko profitierte ebenfalls. Heute haben fast alle großen Autohersteller dort Werke. 2024 produzierte Mexiko 4 Millionen Fahrzeuge und exportierte 2,5 Millionen davon in die USA.


Globale Produktionsstruktur und Ausblick

NAFTA und sein Nachfolger USMCA ermöglichten den Herstellern, Nordamerika wie einen gemeinsamen Markt zu behandeln. Fahrzeuge und Teile wurden frei zwischen den Ländern bewegt. Gleichzeitig stiegen auch Importe aus Asien und Europa. Südkorea lieferte 1,4 Millionen Fahrzeuge in die USA, gefolgt von Japan, Kanada und Deutschland.

Trotzdem bleibt die US-Autoindustrie international wettbewerbsfähig. 2024 wurden in den USA 10,2 Millionen Autos produziert – zwei Drittel der nordamerikanischen Produktion. Das entsprach 55 % der in den USA gekauften Autos. Zudem exportierte man 1 Million Fahrzeuge, vor allem nach Kanada und Mexiko.

Seit Beginn von NAFTA sank die US-Produktion nur um 14 %, so Branchendaten. In Mexiko stieg sie hingegen um 272 %. Trotzdem werden Zölle ausländische Werke nicht so schnell nach Amerika zurückholen. „Es dauert mindestens zwei Jahre, ein Werk von Mexiko in die USA zu verlagern“, so Harbour.

Stillgelegte Werke neu zu eröffnen, braucht ebenfalls Zeit. Neue Fabriken müssten hochautomatisiert sein, um mit niedrigeren Löhnen in Mexiko konkurrieren zu können. Laut Miller wird die Beschäftigung nie wieder das Niveau der 1990er erreichen.

Selbst Vertreter der Trump-Regierung räumen das ein. Handelsminister Howard Lutnick sagte in einem Interview, moderne Fabriken würden Roboter einsetzen. Amerikanische Arbeiter könnten durch Robotik effizienter arbeiten. Der Beruf des Robotermechanikers verspreche gute Bezahlung und erfordere nur einen Schulabschluss.

Harbour erwartet, dass eher Zulieferbetriebe als große Werke zurückkehren. Doch viele neue Jobs werde es dort nicht geben. „Ein gewisses Wachstum ist möglich, aber kein Boom“, erklärte sie. „Die Realität wird kleiner ausfallen als versprochen.“

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