Was schützt besser vor der Sonne? Ein Faktencheck zu chemischem und mineralischem Sonnenschutz

by Silke Mayr
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Mineralischer Sonnenschutz boomt

Immer mehr Menschen wechseln von chemischer zu mineralischer Sonnencreme. Sie fürchten Schadstoffe, Umweltbelastung und gesundheitliche Folgen. Mineralische Varianten gelten als natürlicher und hautverträglicher. Ihr Marktanteil wächst rasant. Doch viele Aussagen in dieser Debatte sind ungenau oder schlicht falsch.

Chemisch oder mineralisch – was steckt wirklich dahinter?

Die Begriffe sorgen für Verwirrung. „Alles ist ein chemischer Stoff“, erklärt Photobiologe Brian Diffey. Chemische Filter sind eigentlich organisch, weil sie Kohlenstoff enthalten. Mineralische Filter wie Zinkoxid oder Titandioxid sind anorganisch, aber trotzdem chemisch. Die Unterscheidung klingt einfach, ist aber wissenschaftlich ungenau.

Schutz vor der Sonne ist uralt

Schon in der Antike schützten Menschen ihre Haut vor Sonnenstrahlen. Griechen trugen Hüte, Afrikaner nutzten Ockerpasten. Die Römer empfahlen Olivenöl. Erst im 19. Jahrhundert entdeckten Forscher UV-Strahlen. Sie fanden Stoffe wie Chinin, die diese absorbieren konnten. Später folgten weitere pflanzliche Filter. Sie bildeten die Grundlage moderner Sonnenschutzmittel.

Neue Filter kamen aus dem Labor

Mit wissenschaftlichem Fortschritt entstanden neue UV-Filter. Labore entwickelten Wirkstoffe wie Avobenzon oder Oxybenzon. Diese absorbieren UV-Strahlen besonders effizient. Auch mineralische Filter wie Zinkoxid und Titandioxid wurden weiterentwickelt. Obwohl sie als „natürlich“ gelten, stammen sie heute meist aus synthetischer Herstellung.

Wie wirken diese Filter wirklich?

Lange dachte man: Chemische Filter absorbieren UV, mineralische reflektieren sie. Diese Vorstellung stammt aus alten Dokumenten der FDA. Doch Studien zeigen: Auch mineralische Filter absorbieren etwa 95 Prozent der UV-Strahlen. Nur rund 5 Prozent werden gestreut, nicht reflektiert. Der Begriff „physikalischer Filter“ ist daher irreführend.

Der Reflektions-Mythos hält sich hartnäckig

„Mineralische Filter reflektieren kaum“, erklärt Professor Antony Young. UV-Strahlen dringen in die Partikel ein, werden gestreut und teilweise zurückgeworfen. Reflektion im klassischen Sinne findet nicht statt. Beide Filtertypen verringern effektiv die UV-Belastung. Moderne Sonnenschutzmittel kombinieren oft beide Varianten für maximalen Schutz.

Warum fühlt sich mineralische Sonnencreme anders an?

Der Unterschied liegt in der Löslichkeit. Chemische Filter lösen sich in Öl oder Wasser und lassen sich gleichmäßig auftragen. Mineralische Filter bleiben als feste Partikel erhalten. Sie wirken oft dicker und hinterlassen einen weißen Film. Durch moderne Nanotechnologie wurde dieser Effekt deutlich reduziert. Die Partikel dringen trotzdem nicht tiefer als die oberste Hautschicht ein.

Gelangen chemische Filter in den Körper?

Manche organische Filter können über die Haut ins Blut gelangen. Studien zeigen jedoch: Die aufgenommenen Mengen sind sehr gering. Tierversuche mit hohen Dosen führten zu Hormonveränderungen. Ratten erhielten mehrere Tage große Mengen Oxybenzon. Doch auf Menschen lassen sich diese Ergebnisse kaum übertragen. Der Mensch müsste jahrzehntelang täglich hohe Mengen auftragen.

Warum arbeiten Forscher mit so großen Dosen?

„Man braucht extreme Mengen, um sichere Grenzen festzulegen“, sagt Chemikerin Michelle Wong. In Tierversuchen sucht man gezielt nach Effekten. Die bei Menschen nachgewiesenen Konzentrationen bleiben weit unter den kritischen Werten. Selbst hormonelle Veränderungen verschwanden meist nach wenigen Tagen. Langfristige Schäden durch chemische UV-Filter sind bisher nicht belegt.

Wie gefährlich ist Sonnencreme für die Umwelt?

Einige Studien fanden UV-Filter im Meerwasser tropischer Strände. In Hawaii lagen die Oxybenzon-Werte jedoch weit unterhalb schädlicher Konzentrationen. Dennoch verbot der Bundesstaat bestimmte Inhaltsstoffe vorsorglich. Forscher betonen: Der größte Feind der Korallen ist der Klimawandel. Auch in unberührten Riffen ohne Tourismus sterben Korallen.

Was empfehlen Dermatologen?

Beide Filtertypen schützen effektiv vor UV-Strahlung. Ob absorbierend oder streuend – entscheidend ist der Schutz vor Hautschäden. Nebenwirkungen treten selten auf. UV-Strahlung dagegen ist klar gesundheitsschädlich. Sie verursacht Hautalterung und erhöht das Krebsrisiko. Fachleute raten: Die beste Creme ist die, die man regelmäßig und großzügig aufträgt.

Entscheidend ist, dass man sich schützt

Ob chemisch oder mineralisch – beide Varianten haben Vorteile. Wer eine leichte Textur bevorzugt, greift zur chemischen Creme. Wer Wert auf minimale Inhaltsstoffe legt, wählt eine mineralische. Wichtig ist, dass die Sonnencreme zur Haut passt und gerne verwendet wird. Nur dann schützt sie zuverlässig. „SPF ist SPF“, sagt Antony Young. „Wichtiger als die Inhaltsstoffe ist der Schutz selbst.“

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