Ärzt:innen warnen vor gefährlichen Krebs-Mythen im Netz
Immer mehr Krebspatient:innen wenden sich von wissenschaftlich fundierten Therapien ab und vertrauen stattdessen auf vermeintlich „natürliche“ Heilmethoden wie Kaffeeklistiere, Rohsaftdiäten oder Vitamininfusionen. Onkolog:innen warnen: Diese Entwicklung führt dazu, dass Menschen unnötig sterben oder ihre Krankheit sich verschlimmert.
Auf dem weltweit größten Krebskongress, dem Asco-Treffen in Chicago, bezeichnete die Krebsforscherin Dr. Fumiko Chino die Zunahme an Fehlinformationen als „alarmierend“. In ihrer Studie stellte sie fest, dass viele Patient:innen medizinischen Fachleuten nicht mehr vertrauen und sich durch widersprüchliche Aussagen verunsichern lassen. Einer von zwanzig Befragten hatte überhaupt kein Vertrauen mehr in die Wissenschaft.
Dr. Julie Gralow, Chefärztin von Asco, berichtete von Patient:innen, die sich nach Internetrecherche gegen Chemotherapie oder Operationen entschieden und stattdessen Kliniken mit „sanften“ Methoden aufsuchten. „Einige kehrten nach Monaten mit fortgeschrittener Krankheit zurück, andere starben, weil sie rechtzeitige Behandlungen abgelehnt hatten“, sagte sie.
Die ehemalige Brustkrebschirurgin Liz O’Riordan, selbst an Krebs erkrankt, nutzt soziale Medien, um faktenbasierte Informationen zu teilen. Täglich bekommt sie Fragen zu Milchprodukten, Deodorants, Soja oder Wundermitteln wie CBD und Heilpilzen. Sie fordert, dass mehr Ärzt:innen online aufklären, gibt aber zu: „Es ist aufwendig, sichtbar zu bleiben – die einfachen, falschen Versprechen haben mehr Reichweite.“
Auch Dr. Richard Simcock von Macmillan Cancer Support sieht die Entwicklung kritisch. „Ich habe Patientinnen getroffen, die alle Behandlungen ablehnen und stattdessen extremen Diäten folgen – basierend auf falschen Informationen aus dem Netz. Das ist tragisch“, sagte er. Für ihn ist klar: „Wir müssen das Vertrauen in evidenzbasierte Medizin zurückgewinnen.“
Prof. Stephen Powis, Medizinischer Direktor des NHS, warnte ebenfalls: „Soziale Medien können hilfreich sein – aber sie verbreiten auch gefährliche Lügen. Seien Sie skeptisch bei Heilversprechen und prüfen Sie Informationen auf vertrauenswürdigen Plattformen wie der NHS-Website.“