Staatsanwaltschaft fordert Bewährungsstrafen und Geldbußen
Im Strafprozess gegen drei ehemalige Top-Manager des französischen Videospielkonzerns Ubisoft hat die Staatsanwaltschaft Bewährungsstrafen von bis zu drei Jahren und hohe Geldbußen gefordert. Die Angeklagten Serge Hascoët, Guillaume Patrux und Thomas François müssen sich wegen psychischer Gewalt, sexueller Belästigung und versuchter sexueller Nötigung verantworten. Das Urteil wird am 2. Juli erwartet.
Vorwürfe aus zehn Jahren toxischer Unternehmenskultur
Die Vorwürfe gehen auf Recherchen der Medien Libération und Numerama im Jahr 2020 zurück. Diese deckten ein Jahrzehnt an Diskriminierung, sexistischer Sprache und Machtmissbrauch in den Ubisoft-Büros auf. Die Ermittlungen und Zeugenaussagen zeichnen ein erschütterndes Bild eines von Männern dominierten Unternehmens mit einer „extrem virilen und kindischen Kultur“.
Konkrete Strafanträge im Überblick
- Serge Hascoët, ehemaliger Vizechef: 18 Monate auf Bewährung, 45.000 € Geldstrafe
- Guillaume Patrux, Spieledesigner: 12 Monate auf Bewährung, 10.000 € Geldstrafe
- Thomas François, Ex-Vizepräsident Redaktion: 36 Monate auf Bewährung, 30.000 € Geldstrafe
Die Angeklagten bestritten die Vorwürfe größtenteils oder gaben an, sich an die Vorfälle nicht zu erinnern – was von den Nebenklägern scharf kritisiert wurde. Insbesondere François sagte zur Aussage einer früheren Kollegin, die ihn der sexuellen Nötigung beschuldigt hatte, er habe „keine Erinnerung“.
Unternehmen selbst bleibt unbehelligt
Juristische Schritte gegen Ubisoft als Unternehmen, CEO Yves Guillemot oder Personalchefin Marie Derain wurden bislang nicht eingeleitet. Das sorgt für Unmut bei Gewerkschaften und Betroffenen. Marc Rutschlé von der Gewerkschaft Solidaires Informatique sagte: „Diese Atmosphäre entstand nicht durch drei Einzelpersonen. Ihre Straflosigkeit war organisiert. Es fehlen die Hauptverantwortlichen – und es gibt viele Opfer.“
Verpasste Chance für echte Aufarbeitung
Viele Beobachter sehen im Verfahren eine verpasste Gelegenheit, strukturelle Missstände in der Gaming-Branche aufzuarbeiten. Ubisoft-Chef Guillemot hatte die Vorwürfe in der Vergangenheit als „generationsbedingte Meinungsverschiedenheiten“ oder „kreative Spannungen“ abgetan – Formulierungen, die für Empörung sorgten.
Der Prozess gilt als Meilenstein für die #MeToo-Bewegung in der männerdominierten Welt der Videospielentwicklung. Ob er zur echten Veränderung führt, dürfte das Urteil im Juli zeigen.