Ein starkes Erdbeben hat die Region um Neapel erschüttert und erneut die Gefahr durch den Supervulkan unter den Phlegräischen Feldern in den Fokus gerückt. Wissenschaftler warnen vor zunehmender Aktivität und fordern Maßnahmen.
Heftiges Beben sorgt für Unruhe
In der Nacht auf Donnerstag bebte die Erde in der Region Neapel mit einer Stärke von 4,4. Das Beben war in der Stadt und den umliegenden Gemeinden deutlich zu spüren. Viele Menschen flohen in Panik auf die Straßen, einige verbrachten die Nacht aus Angst in ihren Autos. Fassaden wurden beschädigt, und eine Frau erlitt Verletzungen, als ein Dachboden einstürzte.
Das Epizentrum lag im Golf von Pozzuoli, rund zwei Kilometer unter dem Meeresboden. Anders als viele Erdbeben in Italien sind diese Erschütterungen nicht tektonisch bedingt. Sie entstehen durch den gewaltigen Supervulkan, der unter der Region schlummert und einen Durchmesser von zwölf bis fünfzehn Kilometern hat.
Bodenhebung beschleunigt sich – Experten alarmiert
Laut dem italienischen Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) steigen seit Jahren Magma und Gase aus einer Kammer in acht Kilometern Tiefe in höhere Schichten auf. Der dadurch entstehende Druck hebt den Boden an und verursacht Spannungen in der Erdkruste. Diese entladen sich in Schwarmbeben, die immer häufiger und stärker werden.
Geophysiker Giuseppe De Natale erklärte, dass sich die Geschwindigkeit der Bodenhebung zuletzt verdoppelt bis verdreifacht hat. Der Boden steigt derzeit um drei Zentimeter pro Monat – deutlich mehr als die ein bis eineinhalb Zentimeter des Vorjahres. Insgesamt ist das Gebiet bereits um über zwei Meter angewachsen.
Ob ein Ausbruch bevorsteht, ist umstritten. Während einige Experten das Risiko als gering einstufen, erinnern andere daran, dass sich der Boden vor dem letzten Ausbruch im Jahr 1538 über mehr als ein Jahrhundert hinweg angehoben hatte, begleitet von starken Beben.
Gefährdete Region – unzureichende Evakuierungspläne
Besonders bedenklich ist die hohe Bevölkerungsdichte. Rund 500.000 Menschen leben in der unmittelbaren Gefahrenzone. Geologe Mario Tozzi hält die Phlegräischen Felder für gefährlicher als den Vesuv und fordert langfristig eine Umsiedlung der Bevölkerung.
Es existieren Evakuierungspläne, die eine Vorwarnzeit von 72 Stunden vorsehen. Doch Tozzi bezweifelt, dass die Bewohner ausreichend vorbereitet sind. „Wissen die 500.000 Menschen genau, was sie in diesen 72 Stunden tun müssen, um Chaos und einen Verkehrskollaps zu vermeiden?“ fragte er.
Auch Geophysiker De Natale hält erste Evakuierungen in besonders gefährdeten Gebieten bereits jetzt für notwendig. Zivilschutzchef Fabio Ciciliano fasste die Bedrohung drastisch zusammen: „Bei einem Beben der Stärke 5 stürzen Häuser ein – und wir zählen die Toten.“
Mit der zunehmenden seismischen Aktivität wächst die Sorge. Experten fordern dringend präventive Maßnahmen, um eine mögliche Katastrophe zu verhindern.