Microdosing mit GLP-1-Injektionen: Neuer Trend bei Gewichtsverlust

by Richard Parks
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Was ist Microdosing bei Abnehmspritzen?

In Großbritannien wächst das Interesse an sogenanntem Microdosing mit GLP-1-Medikamenten wie Ozempic, Mounjaro oder Wegovy. Dabei handelt es sich um die gezielte Anwendung von kleineren als den empfohlenen Dosierungen, um den Appetit leicht zu zügeln – besonders bei Menschen, die nicht in die übliche Zielgruppe (Adipositas oder Diabetes) fallen.

Diese Off-Label-Nutzung ist rechtlich erlaubt, sofern Ärzt:innen sich an die offiziellen Leitlinien halten. Wissenschaftliche Belege zur Sicherheit oder Wirksamkeit dieser niedrig dosierten Anwendung sind bislang jedoch kaum vorhanden.

Wer nutzt Microdosing – und warum?

Private Kliniken wie die Healand Clinic in Leicester und die Aestha Clinic in London bieten Microdosing gezielt für Kund:innen an, die sanft Gewicht verlieren möchten. Die Zielgruppen umfassen:

  • Perimenopausale Frauen, die durch hormonelle Veränderungen an Gewicht zunehmen
  • Männer zwischen 30 und 70 Jahren, die Kontrolle über ihre Gesundheit suchen
  • Fitnessbewusste Menschen mit leistungsstarken Jobs, die ihre Lebensqualität verbessern möchten

Laut Dr. Omar Babar, Leiter der Healand Clinic, hilft Microdosing auch bei der Reduktion von Alkohol-Konsum, da es das Verlangen unterdrücke. Die Ergebnisse zeigen häufige Gewichtsverluste zwischen 5 und 10 kg.

Wie funktioniert die Dosierung?

Statt der regulären Anfangsdosis (z. B. 2,5 mg Mounjaro) starten Microdosing-Programme oft mit nur einem Fünftel der üblichen Dosis. Viele Nutzer:innen dosieren das Medikament manuell, indem sie nur wenige „Klicks“ aus dem vorgefüllten Injektionspen entnehmen.

Die Vorteile laut Anbieter:innen:

  • Weniger Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Erbrechen
  • Geringere Kosten
  • Reduzierung von „Ozempic-Face“ (gealtertes Gesicht bei schnellem Gewichtsverlust)
  • Schonender Gewichtsverlust mit Erhalt von Muskelmasse

Erfahrungsberichte zeigen erste Erfolge

Eine Londoner Nutzerin, Jade (32), verwendet seit zehn Wochen 1 mg Mounjaro pro Woche. Damit behandelt sie Endometriose-bedingte Entzündungen und hat 6,4 kg abgenommen. Die kleine Dosis erspare ihr Nebenwirkungen, reduziere Schmerzen und stille das Verlangen nach Essen. Ihre monatlichen Kosten: rund 52 Pfund (ca. 60 €).

Boom auf dem privaten Markt

Plattformen wie CheqUp, Voy, Manual, Juniper und Numan verkaufen GLP-1-Medikamente auf privatem Weg. Die Nachfrage ist enorm: Laut IQVIA nehmen in Großbritannien bereits 1,5 Millionen Menschen GLP-1s – überwiegend Frauen. Die meisten kaufen die Mittel privat, da der NHS die Verschreibung auf stark adipöse Personen beschränkt.

Preise (monatlich):

  • Mounjaro: £129–£249
  • Wegovy: £119–£299

Voraussetzungen für die Verschreibung

  • BMI ≥ 30 oder
  • BMI 27–29 mit Begleiterkrankung
  • Ausfüllen eines medizinischen Online-Formulars
  • Nachweispflicht durch Arztgespräch oder medizinische Akten laut den neuen Vorgaben der General Pharmaceutical Council

Regulatorische und medizinische Bedenken

Im Mai untersagte die britische Werbeaufsicht ASA sämtliche Online-Werbung für verschreibungspflichtige Abnehmspritzen. Die bisherige Praxis galt als „Wildwest-Onlineverkauf“. Nur Angebote im Rahmen medizinischer Beratung sind nun erlaubt.

Medizinische Kritik bleibt bestehen. Fachleute wie Dr. Ann Marie Defnet (Northwell Health, NY) betonen: „Es gibt keine klinischen Studien zu Microdosing bei Fettleibigkeit – wer es verwendet, betritt unbekanntes Terrain.“

Auch die Fachzeitschrift The Lancet warnt vor unvorhersehbaren Effekten bei fehlender Evidenz. Dennoch bewerben zahlreiche Influencerinnen die Methode als „personalisiertes Dosieren“ – vor allem für Frauen ab 35.

Fazit: Chancen und Risiken

Microdosing mit GLP-1-Medikamenten gewinnt in Großbritannien an Popularität – trotz fehlender wissenschaftlicher Daten. Für Menschen, die nur leichtes Übergewicht haben, scheint die niedrige Dosierung eine attraktive Möglichkeit zu sein. Doch Ärzt:innen und Fachverbände warnen: Der Trend bleibt medizinisch umstritten – mit Risiken für Patient:innen, die sich ohne umfassende Begleitung für Off-Label-Anwendungen entscheiden.

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