Handel statt Zölle: EU und USA einigen sich in letzter Minute

by Silke Mayr
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Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten haben einen drohenden Handelskrieg abgewendet. Nach zähen Verhandlungen einigten sich US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf einen neuen Handelsdeal. Trump setzt nun einen 15 %-Zoll auf alle EU-Importe durch – halb so hoch wie die ursprünglich angekündigten 30 %. Im Gegenzug öffnet die EU einzelne Märkte für ausgewählte US-Produkte komplett zollfrei. Von der Leyen lobte das Ergebnis als „wichtigen Schritt für Stabilität und Partnerschaft“.


Trump handelt aggressiv – und bekommt, was er will

Trump nutzt Einfuhrzölle gezielt, um Handelsbeziehungen neu zu definieren. Sein erklärtes Ziel bleibt die Reduzierung des US-Handelsdefizits. Neben der EU verhandelte er auch mit Großbritannien, Japan, Indonesien, Vietnam und den Philippinen. Zwar verfehlte er sein Ziel von „90 Deals in 90 Tagen“, doch er setzt klare Zeichen. Frankreichs Europaminister Benjamin Haddad sprach von einem „unausgewogenen Kompromiss“. Er lobte zwar Ausnahmen für bestimmte französische Branchen, kritisierte aber die strukturelle Schieflage des Abkommens.


Einigung bei Scotch und Regen auf dem Golfplatz

Der Durchbruch kam bei einem privaten Treffen auf Trumps Golfanlage in Turnberry, Schottland. In entspannter Atmosphäre bei wechselhaftem Wetter verhandelten Trump und von der Leyen hinter verschlossenen Türen. Trump erklärte anschließend: „Es ist ein großartiger Deal für beide Seiten.“ Von der Leyen nannte ihn einen „historischen Moment nach harten Gesprächen“. Der Vertrag soll als Rahmen dienen. Technische Details folgen in den kommenden Wochen. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen noch zustimmen. Ihre Botschafter treffen sich am Montag zur Auswertung in Brüssel.


Hunderte Milliarden aus Brüssel für Washington

Zusätzlich zum Zollkompromiss kündigte Trump milliardenschwere EU-Investitionen in die USA an. 600 Milliarden Dollar sollen in Rüstungsgüter und Infrastruktur fließen. Weitere 750 Milliarden Dollar sind für Energieimporte vorgesehen – vor allem Flüssiggas, Öl und nukleare Brennstoffe. Von der Leyen betonte, das stärke Europas Energiesicherheit und verringere die Abhängigkeit von Russland. Einige Produkte bleiben vom Zoll befreit: etwa Flugzeuge, Chemikalien und ausgewählte Agrarwaren. Streitpunkt bleibt Alkohol. Frankreich und die Niederlande kämpfen um Ausnahmen für Wein und Bier. Der globale 50 %-Zoll auf Stahl und Aluminium bleibt bestehen.


Gewinner in Washington, Schadensbegrenzung in Brüssel

Trump präsentiert das Abkommen als persönlichen Erfolg. Für ihn ist es Beweis, dass seine Strategie funktioniert. Die US-Regierung rechnet mit 90 Milliarden Dollar Zolleinnahmen jährlich. Hinzu kommen Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe. Für die EU bedeutet das Ergebnis vor allem Schadensbegrenzung. Der Zollsatz liegt über dem britischen Niveau von 10 %, entspricht aber immerhin dem japanischen Abkommen. Von der Leyen sprach von „neuer Balance“ – ein Begriff, den Trump oft nutzt. Brüssel sendet damit bewusst versöhnliche Signale an Washington.


Trumps Obsession: das Defizit mit Europa

Der US-Präsident sieht das Handelsdefizit mit Europa als zentrales Problem. 2024 importierten die USA Waren im Wert von 606 Milliarden Dollar aus der EU. Gleichzeitig exportierten sie nur 370 Milliarden Dollar. Trump bezeichnet dieses Ungleichgewicht regelmäßig als „Verlustgeschäft“. Ohne Deal hätte die EU mit drastischen Zöllen auf Produkte wie italienisches Leder, deutsche Elektronik, französischen Käse und spanische Medikamente rechnen müssen. Die EU plante als Reaktion Abgaben auf US-Autos, Flugzeuge und Fleisch.


Verhaltener Optimismus in Europas Hauptstädten

Die Reaktionen aus der EU fielen vorsichtig positiv aus. Irlands Premier Micheál Martin betonte, dass der Handel mit den USA durch höhere Zölle teurer und komplizierter werde. Irland zählt zu den exportstärksten EU-Staaten Richtung USA. Deutschlands Kanzler Friedrich Merz warnte vor einem eskalierenden Handelskonflikt, der der deutschen Industrie geschadet hätte. Er forderte stabile, transparente Handelsregeln. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni begrüßte den Deal, wollte aber die endgültigen Details abwarten. Großbritanniens Premier Keir Starmer plant ein Treffen mit Trump in Turnberry. Am Dienstag reist Trump weiter nach Aberdeen, wo er mit seiner Familie einen neuen Golfplatz eröffnet.

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