Gericht in Frankreich verhandelt über Ubisoft-Skandal – Haftstrafen auf Bewährung gefordert

by Richard Parks
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Ehemalige Ubisoft-Führungskräfte wegen sexueller Belästigung angeklagt

In Bobigny bei Paris standen diese Woche drei ehemalige Top-Manager des französischen Spieleentwicklers Ubisoft vor Gericht. Die Anklage lautete auf psychische Gewalt, sexuelle Belästigung und versuchte sexuelle Nötigung. Die Staatsanwaltschaft bezeichnete die Vorwürfe als „äußerst schwerwiegend“ und forderte Bewährungsstrafen sowie Geldbußen.

Staatsanwaltschaft fordert hohe Geldstrafen und Haft auf Bewährung

  • Serge Hascoët, Ex-Vizechef: 18 Monate Haft auf Bewährung, dazu 45.000 Euro Geldstrafe
  • Guillaume Patrux, Game Designer: 12 Monate auf Bewährung, 10.000 Euro Geldstrafe
  • Thomas François, Ex-Vizepräsident des Editorial-Teams: drei Jahre auf Bewährung, 30.000 Euro Geldstrafe

Das Urteil wird am 2. Juli erwartet.

Systematische Missstände statt Einzelfälle?

Die Anklage basiert auf Enthüllungen der Medien Libération und Numerama aus dem Jahr 2020. Diese hatten ein strukturelles Klima aus Sexismus, Demütigungen und psychischer Gewalt bei Ubisoft über ein Jahrzehnt hinweg aufgedeckt. Zahlreiche Mitarbeitende berichteten über toxische Arbeitsbedingungen in einer von Männern dominierten Unternehmensstruktur.

Die Angeklagten erklärten vor Gericht, sie könnten sich an die zur Last gelegten Vorfälle nicht erinnern. Die Anwälte der Nebenkläger kritisierten diese Haltung scharf und warfen den Beschuldigten vor, die Wahrheit zu leugnen. Für sie geht es um eine tief verwurzelte, „männlich-kindliche Unternehmenskultur“, die bei Ubisoft über Jahre hinweg toleriert worden sei.

Kritik an fehlender juristischer Verantwortung des Unternehmens

Zivilkläger und Gewerkschafter beklagten, dass weder das Unternehmen Ubisoft noch CEO Yves Guillemot oder Personalchefin Marie Derain zur Rechenschaft gezogen werden. Marc Rutschlé von der Gewerkschaft Solidaires Informatique sagte: „Die drei Angeklagten haben dieses Klima nicht allein geschaffen. Ihre Straffreiheit war organisiert.“ Er sprach von einem strukturellen Versagen und kritisierte, dass die Verantwortung auf wenige Schultern abgewälzt werde.

Ein verpasster Moment für echte Aufarbeitung

Aus Sicht der Kritiker bleibt der Prozess hinter seinem Potenzial zurück, ein deutliches Signal gegen Missbrauch in der Gaming-Branche zu senden. Ubisoft-CEO Guillemot hatte frühere Vorwürfe teils als „kreative Reibungen“ oder „generationsbedingte Missverständnisse“ abgetan – eine Einordnung, die Betroffene und Beobachter entsetzte.

Der Prozess könnte dennoch ein Wendepunkt für die Branche werden – sofern das Urteil im Juli konsequent ausfällt und strukturelle Veränderungen angestoßen werden.

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