Donald Trumps abrupte Abkehr von der Ukraine-Unterstützung bringt Deutschland in Zugzwang. Die Regierung sucht nach schnellen Lösungen zur Finanzierung der Bundeswehr.
Merz fordert rasche Entscheidungen zur Stärkung der Verteidigung
CDU-Chef Friedrich Merz hält eine verlässliche Unterstützung Europas durch die USA für zunehmend unwahrscheinlich. Er betont, dass Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit nun eigenständig stärken müsse. Doch die Finanzierung der dringend benötigten Mittel stellt eine große Herausforderung dar. Während Merz im Wahlkampf noch argumentierte, die notwendigen Milliarden könnten aus dem laufenden Haushalt bereitgestellt werden, gilt diese Option inzwischen als unrealistisch.
Im Rahmen der Koalitionsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD stehen zwei Finanzierungsmöglichkeiten im Raum. Eine Option wäre eine Reform der Schuldenbremse, die die jährliche Neuverschuldung des Bundes auf 0,35 Prozent des BIP begrenzt. Während SPD und Grüne eine Lockerung dieser Regel seit Langem fordern, hatte die Union bislang Widerstand geleistet. Doch nach dem umstrittenen Treffen zwischen Trump, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und US-Vizepräsident J.D. Vance scheint auch innerhalb der CDU ein Umdenken stattzufinden.
Sondervermögen als wahrscheinlichste Lösung
Trotz der Dringlichkeit will Merz eine Reform der Schuldenbremse erst mit dem neuen Bundestag diskutieren, der sich am 25. März konstituiert. Eine solche Änderung benötigt jedoch eine Zweidrittelmehrheit, die im neu gewählten Parlament schwerer zu erreichen sein dürfte. Da AfD und Linke ihre Mandate erheblich ausgebaut haben, könnten sie eine Sperrminorität bilden und eine Einigung blockieren.
Ein neues Sondervermögen für die Bundeswehr erscheint daher als praktikablere Lösung. Bereits nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die damalige Regierung ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro beschlossen, das mit Unterstützung der CDU verabschiedet wurde. Auch ein weiteres Sondervermögen müsste mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Allerdings wäre hier eine parteiübergreifende Einigung wahrscheinlicher als bei einer Änderung der Schuldenbremse.
Ökonomen drängen auf massive Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur
Wirtschaftsexperten wie Clemens Fuest, Michael Hüther, Moritz Schularick und Jens Südekum sprechen sich für umfangreiche Investitionen aus. Ein Sondervermögen von 400 Milliarden Euro soll die Bundeswehr modernisieren und ihre Einsatzbereitschaft stärken. Zusätzlich halten sie eine Summe zwischen 400 und 500 Milliarden Euro für notwendig, um dringend erforderliche Infrastrukturprojekte wie Straßen, Schienen und Schulen voranzutreiben.
Die Umsetzung dieser Pläne bleibt jedoch politisch schwierig. Während die Linke höhere Investitionen in Infrastruktur befürwortet, lehnt sie eine Aufrüstung strikt ab. Die AfD wiederum spricht sich gegen neue Schulden aus und fordert eine außenpolitische Kurskorrektur, die sich stärker an der neuen US-Regierung orientiert, die sich zunehmend von der Ukraine distanziert.
Um eine politische Blockade zu umgehen, könnte die CDU/SPD-Koalition versuchen, noch den alten Bundestag über ein Sondervermögen abstimmen zu lassen. Eine Sondersitzung könnte bereits in der kommenden Woche stattfinden. Die Parteispitzen von Union und SPD treffen sich am Mittwoch mit dem scheidenden Kanzler Olaf Scholz, um das weitere Vorgehen zu beraten. Am Donnerstag reist Scholz dann zum EU-Gipfel nach Brüssel, wo zusätzliche sicherheitspolitische Gespräche erwartet werden.