Orbán blockiert Beitritt – Brüssel sucht Ausweg

by Rudolph Angler
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Trotz erfüllter Voraussetzungen verhindert Ungarns Premier Viktor Orbán den Start der Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Die EU-Kommission betonte, es gebe keine sachlichen Gründe für diese Blockade. Orbán verwies auf eine nationale Konsultation, bei der angeblich 95 % der Teilnehmenden gegen eine EU-Erweiterung mit der Ukraine gestimmt hätten. Die Beteiligung lag allerdings deutlich unter der Wahlbeteiligung von 2022.

Orbán nutzte das Ergebnis, um beim Gipfel seinen Widerstand zu bekräftigen. Er behauptete, ein Beitritt würde die EU automatisch in den Krieg hineinziehen. Die Kommission betont dagegen, dass Kiew inmitten schwerster Umstände kontinuierlich Reformen umsetze.

Brüssel will Cluster eins freigeben

Die Kommission erklärte, die Ukraine sei bereit, den ersten Verhandlungskomplex zu öffnen. Dieses Kapitel umfasst Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, öffentliche Verwaltung und Justiz – die sogenannte „Fundamentals“-Gruppe. Alle Mitgliedsstaaten müssen diesem Schritt zustimmen.

Brüssel lobte zusätzlich den ukrainischen Aktionsplan zum Schutz ethnischer Minderheiten. Dieser sollte Ungarns Bedenken zerstreuen, da Orbán seit Jahren Kiew mangelnde Rücksicht auf ungarische Minderheiten vorwirft. Doch das bilaterale Gespräch scheiterte abrupt, nachdem Kiew ein ungarisches Spionagenetzwerk aufgedeckt hatte.

EU erwägt Trennung der Kandidaten

Da der Stillstand anhält, denken Diplomaten über eine Trennung der Beitrittsprozesse von Ukraine und Moldau nach. Beide Länder bewarben sich gleichzeitig, erhielten im Juni 2022 den Kandidatenstatus und bewegten sich seither im Gleichschritt. Doch Orbán blockiert nur Kiew – nicht Chișinău.

Ein solches Entkoppeln birgt politische Risiken. Es könnte den Eindruck erwecken, Brüssel ziehe sein Versprechen an die Ukraine zurück. Präsident Selenskyj forderte beim letzten Gipfel eine klare Botschaft: Europa müsse nun Wort halten und Cluster eins freigeben.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lobte Kiews Fortschritte, nannte aber keine Lösung. „Die Ukraine liefert. Jetzt sind wir an der Reihe“, sagte sie. Doch solange Orbán blockiert, bleibt die Ukraine außen vor. Die Entscheidung über einen Kurswechsel liegt bei den Mitgliedsstaaten.

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