Finma-Bericht offenbart massive Aufsichtsversäumnisse
Ein von der Finma veröffentlichter Bericht zeigt, dass Führungskräfte bei Credit Suisse bereits ab 2018 interne Warnungen über ihre Geschäfte mit Greensill Capital erhielten – drei Jahre vor dem spektakulären Zusammenbruch des Finanzunternehmens im März 2021. Die anonymen Hinweise, die den Managern zugespielt wurden, stellten insbesondere die Charaktereinschätzung gegenüber Lex Greensill infrage und warnten vor erheblichen Risiken im Umgang mit seinem Unternehmen.
Der Bericht wurde nun auf Anordnung eines Londoner Gerichts veröffentlicht, nachdem Medien – darunter The Guardian – auf Transparenz gedrängt hatten. Die Enthüllungen haben Relevanz für einen laufenden Prozess, in dem ein früherer Credit Suisse Fonds den Tech-Investor SoftBank auf 440 Millionen Dollar verklagt. SoftBank soll eng mit Greensill bei einem gescheiterten Deal koordiniert haben.
„Erhebliche Zweifel“ an Strategien und Risikomanagement
Die Hinweise aus dem Jahr 2018 mahnten insbesondere vor der Praxis, Greensill-Kredite im Volumen von 10 Milliarden Dollar zu Fonds für vermögende Kunden zu bündeln. Besonders kritisch wurde die hohe Freiheit betrachtet, die Greensill dabei im Umgang mit Kundengeldern offenbar erhielt.
Ein Hinweisgeber schrieb: „Wir haben ernsthafte Zweifel an Ihrer Charaktereinschätzung, Greensill Capital als Partner zu wählen – und ihm diese Kontrolle über Kundengelder einzuräumen.“ Zusätzlich wurde gewarnt, dass viele dieser Kredite an Unternehmen aus Sanjeev Guptas angeschlagener Stahlgruppe gingen – einem später zentralen Risikofaktor.
Die Hinweise bezogen sich auch auf den Zusammenbruch ähnlicher Greensill-Fonds bei der Vermögensverwaltung GAM, der als „deutliches Warnsignal“ bezeichnet wurde. Dennoch leiteten die Manager keine Kursänderung ein – ein Hinweis wurde sogar direkt an Lex Greensill weitergeleitet, mit dem Kommentar: „Menschen bei CS erhalten anonyme Mails … du musst deine Kommunikationsstrategie überdenken!“
Luxuskultur, Flüge im Jet – und warnende Worte ignoriert
Der Finma-Bericht legt auch offen, dass die von Investoren bereitgestellten Mittel nicht vorrangig zur Expansion verwendet wurden, sondern u. a. für Rückzahlungen an Privatanleger und zur Stützung der Greensill Bank, die zunehmend unter regulatorischen Druck geriet. Gleichzeitig finanzierte Greensill laut Bericht maßgeschneiderte Anzüge für Mitarbeitende, luxuriöse Büros und eine eigene Flotte von Geschäftsflugzeugen.
Trotz wiederholter Hinweise – zuletzt im Juni 2019 – hielt Credit Suisse an der Partnerschaft fest. Der endgültige Kollaps von Greensill im März 2021, ausgelöst durch das Auslaufen entscheidender Kreditversicherungen, führte zur Auflösung der 10-Milliarden-Dollar-Fonds und erheblichem Vertrauensverlust bei vermögenden Kunden.
Spätfolgen: CS-Zusammenbruch, UBS-Rettung, laufende Klagen
Die Affäre um Greensill war ein wesentlicher Faktor beim Niedergang der Credit Suisse, die im März 2023 notfallmäßig von UBS übernommen wurde. Die Finma hatte bereits im Februar 2023 festgestellt, dass Credit Suisse ihre aufsichtsrechtlichen Pflichten schwer verletzt habe. UBS erklärte inzwischen: „Das ist ein Altfall von Credit Suisse. Das Verhalten im Bericht liegt vor der Übernahme.“
Der Skandal um Greensill löste nicht nur wirtschaftliche Verluste in Milliardenhöhe, sondern auch politische Erschütterungen aus – nicht zuletzt wegen der früheren Rolle von David Cameron als Berater des Unternehmens. Der Fall bleibt ein Paradebeispiel für mangelnde Risikovorsorge, überhörte Warnsignale und toxische Finanzverflechtungen.