Merz bestätigt Kurswechsel nach massivem russischem Luftangriff
Deutschland und mehrere westliche Verbündete haben die Reichweitenbeschränkungen für von ihnen gelieferte Waffen an die Ukraine vollständig aufgehoben. Bundeskanzler Friedrich Merz verkündete die Entscheidung am Montag in Berlin, nur wenige Tage nach den schwersten russischen Luftangriffen seit Kriegsbeginn.
„Es bestehen keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffenlieferungen an die Ukraine“, sagte Merz auf einem europäischen Forum. „Weder von britischer, französischer, amerikanischer noch von deutscher Seite.“
Damit darf die Ukraine nun auch militärische Ziele innerhalb Russlands mit westlichen Langstreckenraketen angreifen.
Schwere Angriffe auf Kiew verändern westliche Haltung
Bisher untersagten die westlichen Staaten der Ukraine Angriffe auf russisches Territorium mit westlichen Waffen – aus Sorge vor einer Eskalation. Nach der jüngsten Angriffswelle mit zahlreichen Toten änderte sich diese Haltung jedoch deutlich.
Russlands kombinierte Angriffe mit Drohnen und Raketen töteten am Wochenende über 20 Menschen – darunter mehrere Kinder. Ukrainische Städte wurden schwer getroffen, während die ukrainische Regierung erneut forderte, sich mit voller militärischer Reichweite wehren zu dürfen.
Der Westen reagierte nun mit der Freigabe der bislang blockierten Möglichkeiten.
Neuer Kanzler bricht mit vorsichtiger Linie der Vorgängerregierung
Friedrich Merz positioniert sich klar gegen die Linie von Ex-Kanzler Olaf Scholz. Dieser hatte stets betont, dass Deutschland keine Angriffe auf russisches Gebiet mit seinen Waffen dulden würde.
Ob Deutschland nun auch die Taurus-Marschflugkörper liefert, ließ Merz offen. Vor seinem Amtsantritt hatte er sich dafür ausgesprochen. Laut Reuters verzichtete er am Montag jedoch auf eine konkrete Aussage dazu.
USA erlaubten Langstreckenwaffen bereits 2024
Die Vereinigten Staaten hoben bereits im November 2024 die Reichweitenbeschränkungen auf. Präsident Joe Biden genehmigte damals den Einsatz von ATACMS-Raketen gegen Ziele in Russland.
Die Entscheidung fiel nach langer interner Debatte. Zwei Jahre lang hatte Washington die Lieferung verweigert – aus Angst vor Eskalation und wegen begrenzter Vorräte. Erst im April 2024 wurden die ersten ATACMS geliefert.
Heute fordern mehrere führende Republikaner eine noch entschlossenere Linie. Lindsey Graham, Chuck Grassley, Don Bacon und Brian Fitzpatrick setzen sich für verschärfte Sanktionen und umfassende Waffenhilfe ein.
Don Bacon schrieb auf X: „Putin versteht keine Diplomatie. Die Ukraine muss mit voller Kraft bewaffnet werden.“
Kreml spricht von Bedrohung der Friedensbemühungen
Russland reagierte sofort auf Merz’ Erklärung. Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Entscheidung laut der staatlichen Nachrichtenagentur TASS als „äußerst gefährlich“.
Präsident Wladimir Putin hatte bereits mehrfach gewarnt, dass Angriffe auf russisches Gebiet mit westlicher Unterstützung als gemeinschaftlicher Angriff gewertet würden. Er drohte mit nuklearer Reaktion – selbst bei konventionellen Raketen.
Selenskyj fordert konsequente westliche Unterstützung
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj appellierte am Sonntag erneut an die internationale Gemeinschaft. „Ohne entschlossenen Druck auf das russische Regime wird diese Brutalität nicht enden“, sagte er nach den Angriffen.
Selenskyj wird am Mittwoch zu Gesprächen in Berlin erwartet. Dort will er weitere militärische Hilfen und eine langfristige Sicherheitsstrategie besprechen.
Ex-US-Präsident Donald Trump erklärte am Montag, Putin sei „völlig verrückt“ – kritisierte jedoch auch Selenskyj. Dessen Äußerungen verursachten seiner Ansicht nach zusätzliche Probleme.
Trotz politischer Differenzen zeichnet sich eine neue Einigkeit ab: Die Ukraine erhält volle Unterstützung für eine militärische Antwort – auch auf russischem Boden.