Bundestag stimmt mit großer Mehrheit für neue Verteidigungs- und Infrastrukturmaßnahmen
Deutsche Abgeordnete haben für eine massive Erhöhung der Verteidigungs- und Infrastrukturinvestitionen gestimmt. Diese Entscheidung könnte Europas Sicherheit nachhaltig verändern.
Eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag, die für die Reform nötig war, stimmte am Dienstag dafür.
Das neue Gesetz nimmt Verteidigungsausgaben von den strikten Schuldenregeln aus und schafft einen 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturfonds.
Diese Entscheidung ist besonders für Deutschland bedeutsam, da das Land traditionell vorsichtig mit neuen Schulden umgeht. Der Beschluss fällt in eine Zeit, in der Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine andauert und die USA unter Donald Trump eine unsichere Haltung gegenüber der NATO zeigen.
Die Ländervertretung im Bundesrat muss die Änderung jedoch noch bestätigen. Auch dort ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Die Abstimmung ist für Freitag angesetzt.
Friedrich Merz betont neue sicherheitspolitische Realität
Friedrich Merz, der Initiator der Reform und wahrscheinliche neue Bundeskanzler, sprach im Bundestag über die Notwendigkeit dieses Schrittes.
“Wir haben uns in den letzten zehn Jahren in falscher Sicherheit gewogen”, sagte er in der Debatte am Dienstag.
“Die heutige Entscheidung ist der erste große Schritt hin zu einer neuen europäischen Verteidigungsgemeinschaft”, betonte er. Er wies darauf hin, dass diese Gemeinschaft auch Länder außerhalb der EU umfassen werde.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lobte den Beschluss als “hervorragende Nachricht”. Bei einer Pressekonferenz mit der dänischen Premierministerin Mette Frederiksen erklärte sie, die Entscheidung zeige Deutschlands Entschlossenheit, massiv in die Verteidigung zu investieren.
Frederiksen nannte die Abstimmung eine “fantastische Nachricht für alle Europäer”.
Deutschland war lange zurückhaltend bei Verteidigungsausgaben. Dies liegt nicht nur an historischen Gründen seit 1945, sondern auch an der weltweiten Finanzkrise von 2009.
Trotz anfänglicher Bedenken fiel das Abstimmungsergebnis am Ende deutlich aus: 513 Abgeordnete stimmten dafür, 207 dagegen.
Eine deutsche Tageszeitung beschrieb den Beschluss als “Schicksalstag für unser Land”.
Neue Schuldenregeln und Milliardeninvestitionen in Infrastruktur
Laut der neuen Regelung sind Verteidigungsausgaben von mehr als einem Prozent des BIP nicht mehr durch die Schuldenbremse begrenzt. Bisher lag diese Grenze bei 0,35 Prozent des BIP.
Die Reform könnte die lange vernachlässigte Bundeswehr modernisieren und damit die europäische Sicherheitslage verbessern.
Die Abstimmung betraf nicht nur die Verteidigungsausgaben. Sie schafft auch 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur. Dieses Geld soll Straßen und Brücken erneuern und in Klimaschutzprojekte fließen. Die Grünen hatten darauf bestanden, Klimamaßnahmen einzubeziehen.
Merz, dessen CDU die Bundestagswahl im vergangenen Monat gewann, brachte die Reform schnell auf den Weg.
In einem Interview am Sonntag warnte er vor einer möglichen Rückzugsstrategie der USA aus Europa. Zudem kritisierte er Donald Trumps Gespräche mit Russlands Präsident Wladimir Putin. “Die Lage hat sich in den letzten Wochen verschlechtert”, sagte er.
“Deshalb müssen wir schnell handeln”, erklärte er gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender ARD.
Der Beschluss ist ein großer politischer Erfolg für Merz. Als neuer Kanzler erhält er Zugriff auf Hunderte Milliarden Euro zur Stärkung des Staates. Einige Kommentatoren sprechen von einer “finanziellen Bazooka”.
Auch für die Ukraine ist die Entscheidung bedeutsam. Die neuen Verteidigungspläne erlauben Ausgaben für Staaten, die völkerrechtswidrig angegriffen wurden. Diese Mittel sind ebenfalls von der Schuldenbremse ausgenommen.
Das ermöglicht es dem scheidenden Bundeskanzler Olaf Scholz, bereits nächste Woche drei Milliarden Euro an Hilfe für die Ukraine freizugeben.
Merz nutzte die aktuelle Sitzungsperiode des Bundestags für die Abstimmung. Die Mehrheitsverhältnisse waren günstiger als nach dem 25. März, wenn das neue Parlament zusammentritt.
Die rechtspopulistische AfD und die linke Partei Die Linke, die beide bei der Wahl im Februar starke Ergebnisse erzielten, lehnen die Pläne von Merz ab.
Merz hat noch keine Koalitionsvereinbarung zur Regierungsbildung getroffen. Dennoch plant er, bis Ostern eine neue Regierung zu präsentieren.
Koalitionsverhandlungen in Deutschland können jedoch Monate dauern.