Hirnimplantate als neuer Ansatz gegen Sucht

by Richard Parks
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Elektrische Impulse als Mittel gegen Abhängigkeit?

Chirurgen setzen Implantate in die Gehirne von Alkoholikern und Opioidabhängigen ein, um zu prüfen, ob elektrische Impulse das Verlangen dämpfen können. Die Studie untersucht, ob diese gezielte Stimulation eine effektive Methode zur Suchtbekämpfung ist.

Die Technologie kommt bereits bei Parkinson, Depressionen und Zwangsstörungen (OCD) zum Einsatz. Nun testen Forscher der Universitäten Cambridge und Oxford sowie des King’s College London die tiefe Hirnstimulation bei Suchtkranken. Ihr Ziel: das Verlangen reduzieren und die Selbstkontrolle stärken.

„Tiefe Hirnstimulation funktioniert ähnlich wie ein Herzschrittmacher“, erklärt Professorin Valerie Voon, leitende Forscherin der Studie von der Universität Cambridge. „So wie ein Herzschrittmacher unregelmäßige Herzrhythmen stabilisiert, könnte ein Hirnimplantat gestörte Gehirnaktivitäten ausgleichen, die mit Sucht in Verbindung stehen. Diese Studie wird zeigen, ob dieser Ansatz realisierbar ist.“

Fortschritte bei der Nutzung von Hirnimplantaten

Hirnimplantate werden zunehmend zur Behandlung neurologischer Erkrankungen eingesetzt. Bereits über 250.000 Menschen nutzen diese Technologie zur Kontrolle verschiedener Symptome. Bei Parkinson-Patienten senden die Implantate Impulse an motorische Gehirnzentren und lindern Zittern sowie unkontrollierte Bewegungen.

Erste Studien legen nahe, dass diese Technologie auch bei Alkohol- und Opioidabhängigkeit helfen könnte. Wissenschaftler bereiten nun die erste groß angelegte klinische Studie vor, um zu überprüfen, ob tiefe Hirnstimulation als Therapie gegen die wachsende Suchtepidemie in Großbritannien und anderen Ländern geeignet ist.

Hunderttausende Menschen in Großbritannien sind alkoholabhängig, viele von ihnen leiden zudem unter Angststörungen, Depressionen oder anderen gesundheitlichen Problemen. Auch die Opioidabhängigkeit stellt ein massives Problem dar – fast die Hälfte aller tödlichen Überdosierungen ist auf Opiate wie Heroin und Morphin zurückzuführen.

„Sucht beeinträchtigt das Leben der Betroffenen massiv. Sie verlieren oft ihre Arbeitsfähigkeit und sind einem hohen Risiko für Überdosierungen ausgesetzt“, betont Voon. „Aber Sucht betrifft nicht nur die Einzelpersonen – ihre Familien, Partner und Kinder leiden ebenso. Es handelt sich um ein gesellschaftliches Problem, das dringend Lösungen erfordert.“

So läuft die Studie ab

Das Projekt mit dem Namen Brain-Pacer (Brain Pacemaker Addiction Control to End Relapse) wird sechs Alkoholiker und sechs Opioidabhängige einbeziehen. Die Teilnehmer müssen seit mindestens fünf Jahren süchtig sein und mindestens drei Rückfälle erlebt haben. Zudem müssen sie bereits gängige Behandlungen wie Medikamente oder Psychotherapie ausprobiert haben.

Die Studie wird am Addenbrooke’s Hospital in Cambridge und am King’s College Hospital in London durchgeführt. Den Probanden wird eine dünne Elektrode in gezielte Gehirnregionen implantiert, die für Belohnung, Motivation und Entscheidungsfindung verantwortlich sind. Diese Elektroden sind mit einem Impulsgenerator in der Brust verbunden, der kontrollierte elektrische Signale sendet, um die Gehirnaktivität zu regulieren.

„Unser Ziel ist es, das Verlangen zu verringern und die Selbstkontrolle zu verbessern, indem gezielte Impulse eingesetzt werden“, erklärt Voon. Die Studie ist randomisiert, sodass die elektrischen Signale nicht kontinuierlich aktiv sind. Die Forscher überwachen dabei die Gehirnaktivität, um die zugrunde liegenden Mechanismen der Sucht besser zu verstehen.

Professor Keyoumars Ashkan, Neurochirurg am King’s College Hospital und leitender Chirurg der Studie, hebt die Bedeutung dieser Forschung hervor: „Die tiefe Hirnstimulation ist eine vielversprechende Methode, die das Leben von Betroffenen verändern könnte. Wenn wir ihre Wirksamkeit nachweisen können, wäre das ein großer Durchbruch bei der Behandlung einer schweren Erkrankung, die sowohl Einzelpersonen als auch die Gesellschaft belastet.“

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