Norwegen setzt Maßstäbe bei der Elektromobilität – Kann der Rest der Welt folgen?
Norwegen hat sich zur weltweiten Führungsnation bei der Einführung von Elektroautos entwickelt, mit 88,9 % der Neuwagenkäufe im Jahr 2024, was einen deutlichen Anstieg gegenüber 82,4 % im Vorjahr darstellt. In einem Land, das einst für seine Öl- und Gasressourcen bekannt war, ist der Umstieg auf emissionsfreie Fahrzeuge längst eine Normalität geworden. Doch wie konnte dieses Modell so erfolgreich umgesetzt werden, und können andere Länder diesem Beispiel folgen?
Elektromobilität als Alltagserfahrung
In Oslo, der Hauptstadt Norwegens, sind Elektrofahrzeuge längst Alltag. Nahezu jedes zweite Fahrzeug trägt ein „E“ auf dem Nummernschild, und Unternehmen wie der Volkswagen-Händler Harald A. Møller haben sich vollständig von fossilen Brennstoffen verabschiedet. „Es wäre falsch, Kunden heute zu einem Verbrennungsmotor zu raten. Die Zukunft ist elektrisch“, betont Geschäftsführer Ulf Tore Hekneby.
Im Jahr 2024 überholten Elektroautos erstmals benzinbetriebene Fahrzeuge auf Norwegens Straßen. Der Erfolg wurde durch langjährige, klug durchdachte politische Maßnahmen gefördert: Elektroautos profitieren von Steuererleichterungen, während Verbrennerfahrzeuge mit höheren Steuern belastet werden. Dies führte zu einem fast vollständigen Rückgang des Kaufs von Benzin- und Dieselautos in einigen Monaten.
Der lange Weg zur Elektro-Revolution
Der Weg zur Elektromobilität in Norwegen begann bereits in den 1990er-Jahren mit steuerlichen Anreizen für Elektroautos. „Wir wollten emissionsfreie Fahrzeuge zur besten Wahl machen“, erklärt Cecilie Knibe Kroglund, stellvertretende Verkehrsministerin. Inzwischen plant das Land, ab 2025 nur noch emissionsfreie Neuwagen zu verkaufen.
Norwegen ist ein Öl- und Gasproduzent, doch die konsequente und langfristige politische Ausrichtung hat es geschafft, den Markt für Elektrofahrzeuge massiv auszubauen. Die Steuererleichterungen, kostenloses Parken und die Nutzung von Busspuren machten die Entscheidung für Elektroautos auch wirtschaftlich sinnvoll. Diese Maßnahmen wurden konsequent fortgeführt, ohne den Verbrennermarkt abrupt zu verbieten.
Ein Modell für andere Länder?
Die Frage, ob andere Länder von Norwegens Erfolg lernen können, wird immer lauter. In Ländern wie Großbritannien und der EU sind Verbote für Verbrennungsmotoren ab 2030 bzw. 2035 geplant, doch Norwegen hat diesen Wandel bereits vollzogen. In vielen Regionen ist es für die Bevölkerung wirtschaftlich vorteilhaft, auf ein Elektroauto umzusteigen. Das Land verfügt zudem über ein starkes Ladeinfrastruktur-Netz mit über 27.000 öffentlichen Ladestationen – ein erheblicher Vorteil im Vergleich zu Ländern wie Großbritannien, die mit 73.699 Ladestationen weit zurückliegen.
Christina Bu vom Norwegischen EV-Verband ist überzeugt, dass auch andere Länder Norwegen folgen können, vorausgesetzt, sie passen ihre Maßnahmen an die jeweiligen Bedürfnisse an. Norwegen profitiert von seinem Wohlstand und der Verfügbarkeit erneuerbarer Energie aus Wasserkraft, was die Einführung von Elektromobilität und großen Infrastrukturprojekten erleichtert.
Herausforderungen und Chancen für den Rest der Welt
Natürlich gibt es für viele Länder Herausforderungen, die Norwegen nicht in gleichem Maße betreffen, wie etwa die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien oder die finanziellen Mittel für umfangreiche Infrastrukturinvestitionen. Doch Norwegens Erfolg zeigt, dass eine gut durchdachte und langfristige Strategie sowie politischer Wille entscheidend sind, um den Wandel zur Elektromobilität voranzutreiben. Der Erfolg des norwegischen Modells ist eine Einladung für andere Nationen, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen und die Elektromobilität als nachhaltige Zukunftslösung zu betrachten.